Human-Focused Design: Prozessoptimierung in Unternehmen mal anders

Wer kennt das Buzzword „Gamification“ noch nicht?

Aus erfolgreichen Spielen werden Ideen, Visualisierungen oder Regeln abgeleitet, um in die Arbeitswelt transferiert zu werden. Doch es bleibt eine Illusion Arbeit mit Bildern und Badges zu spicken und dann motivierte Mitarbeiter zu erhalten. Es ist – leider –  etwas komplexer.

Es wird Zeit das Themenfeld Gamification weiter zu interpretieren. Doch als erstes bedanken wir uns für die wundervolle Arbeit der Spielentwickler und Designern von Spielen. Die Spieleentwickler haben es nämlich geschafft, heimlich und vor den Augen aller, das Verhalten von Menschen und Ihren Bedürfnisse zu verstehen. Spiele bringen uns dazu unser Verhalten zu verändern oder Geld aus zu geben – sie geben uns Sicherheit, Spannung und Verbinden uns.

Aus der Überlegung, dass Spiele im Grunde auf Psychologie basieren und Unternehmen durch Ihre Mitarbeiter mit der Psychologie verbunden sind, stellt sich die Psychologie als Schnittstelle zwischen Spielen und Unternehmen dar. Neue Disziplinen wie Unternehmenspsychologie unterstützen diese These. Es scheint nur logisch, dass Wissen aus der Entwicklung von Spielen auf die Entwicklung von Organisationen übertragen werden kann. Im Grunde sind Spiele wie auch Organisationen nur Regelwerke.

Die als Gamification relativ wild zusammengestellte Toolbox von Spielmechanismen, Entwicklungsmodellen und Designelementen der Spielentwickler erlebt in jüngster Vergangenheit eine Renaissance in der Wirtschaft.

Immer öfter wird erkannt, dass Spiele geistige Arbeit fördern, Verständnis aufbauen und freiwillige Handlungen bewirken können.

Hier ein paar Beispiele:

Ian Bogast sagt „Gamification is Bullshit“, und er hat recht damit! Er gibt zu bedenken, dass das Wort Gamification falsch gewählt ist, es verspricht die Magie der Spiele entschlüsselt, verstanden und universell übertragbar gemacht zu haben. Somit ist das Wort verantwortlich für einen unglaublichen Hype. Jedoch wird es oft nicht professionell durchgesetzt und klingt zu verspielt für die Arbeitswelt. Um Gamification für die Businesswelt neu einzukleiden, sprechen Meinungsführer mittlerweile von „Human-Focused Design“.

Human-Focused Design behandelt die Umformung und Weiterentwicklung von Unternehmensprozessen nach Prinzipien der Spieleentwickler. Es stellt die Unterstützung von Unternehmenszielen in den Vordergrund. Pioniere wie Roman Rackwitz, Mario Herger und Yu-kai Chou sind bereits erfolgreich mit diesem arbeitsweltverändernden Konzept unterwegs. Sie sind in der Lage Arbeitsprozesse zu modellieren und Kompetenzen geschickt einzusetzen, so dass z.B. Organisationen eine interne Kultur aufbauen und die Kommunikation innerhalb von Abteilungen gestärkt wird.

Eigeninitiativen oder die Übernahme von Verantwortung können durch Human-Focused Design aktiviert werden.

Human-Focused Design stellt eine Optimierungsmethode dar, um Aktivitäten und Prozesse auf menschliche Anforderungen und Eigenheiten anzupassen. Durch geringe jedoch präzise Eingriffe in bestehende Arbeitsstrukturen sind komplexe Veränderungen im Arbeitsumfeld realisierbar. Diese Eingriffe erfolgen nach Ideen aus der Spieleentwicklung.

Axel Hamann, CEO des Best Practice Institutes in Wiesbaden, berichtet das die Lösung manchmal ganz nah ist. Oft wissen Organisationen einfach zu wenig über die Priorisierung, Kommunikation und Visualisierung von Zielen. Dabei sind klare Ziele für nachhaltige Handlungen in einem Unternehmen unerlässlich. „Manchmal müssen unsere Trainer Führungskräfte daran erinnern, dass in einem Unternehmen Menschen in einer Organisation arbeiten.“

Es ist selten das Unternehmen die menschliche Komponente berücksichtigen – Menschen werden abstrahiert und in den mechanischen Ablauf der Organisation eingesetzt. Durch weltweiten Wettbewerb und immer kurzfristigere Zielsetzungen wurde meistens nur die prozessuale Seite von Unternehmen weiter perfektioniert – das Mensch sein fällt dabei oft unter den Tisch.

Gerade die Klarheit von Zielen und das erfüllen menschlicher Bedürfnisse ist ein wichtiger Bestandteil von Human-Focused Design. In Spielen sind klare Ziele Voraussetzung für das Auslösen von zielführenden Verhaltensweisen. Drei kurze Geschichten über Gamification und Verhaltensveränderung:

  1. Jane McGonigal forscht im Healthcare-Bereich über die mentale Kraft der Spiele und wie man Spiele einsetzen kann, um Trauma, Depressionen oder Krebs zu bekämpfen. Sie hat mit „Superbetter I & II“ großen Erfolg in den USA. Im Buch „Reality Is Broken“ schreibt sie über Happiness Hacking, eine Herangehensweise positive Energie aus Verhalten zu gewinnen.
  2. Kevin Werbach beschreibt in „For the Win“ über den Aufbau und Struktur von Zielen. Er beschreibt alle Ziele in Form von Verhalten. Das oberste Ziel wird zum Zielverhalten. Diese Zielverhalten werden durch kleinere Subverhalten gefördert. Es werden nur zielführende oder zielfördernde Verhalten betrachtet. Zielformulierungen sind für das menschliche Verständnis besser geeignet als Zahlen in einer Tabelle oder ein Diagramm.
  3. Gabe Zicherman erklärt in „Gamification by Design“ Methoden, um den Menschen in den Mittelpunkt zu rücken. Im Einsatz von Spiellebenszyklen und Spielpfaden sieht er die Möglichkeit z.B. durch Selbstbestimmung und Feedback einen stetigen Kompetenzgewinn und kontinuierlichen Anforderungszuwachs zu Kommunizieren und so gewünschte Verhalten zu festigen und Vorrauschauendes Denken zu fördern.

Human-Focused Design stellt hierfür die Denkstruktur, um Prozesse auf die psychologischen Bedürfnisse von Menschen anzupassen. Wie das geht? An sich funktioniert die technische Entwicklung der Prozesse wie in vielen anderen Modellen auch, mit dem Unterschied, dass auf wissenschaftliche Kenntnisse der Verhaltenstheorie und der Spieleentwicklung zurückgegriffen wird, um die Bedürfnisse von Menschen zu erfüllen. So entwickelte mehrdimensionale Prozesse erfüllen mehr als nur eine Funktion, sie erlauben eine Förderung der menschlichen Bedürfnisse neben der Erfüllung einer Funktionalität.

So kann die Zukunft aussehen.

Der mechanischen Optimierung verdanken wir unseren bisherigen Erfolg. Doch die industrielle Ford‘sche Arbeitsteilung, wurde auf geistige Arbeit in Büros kopiert und verwaltet den Menschen nur als Produktionsressource. Es ist an der Zeit, über ein Jahrhundert nach der Industriellen Revolution, unsere Wirtschaft durch eine neue Menschliche Revolution zu führen.

Der Aufschwung der Spielindustrie, die mittlerweile mehr einspielt als Hollywood, ist ein Aufruf der Gesellschaft nach einer Veränderung in der Arbeitswelt!

 

Lennart Bolduan

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