Der Flow … und wie wir ihn erreichen

Schon den gesamten Tag freut sich Chiara auf ihr Volleyball-Training am Abend. Sie will einen neuen Angriffsschlag ausprobieren und damit den Gegner beim nächsten Spiel überraschen. Nach der Arbeit fährt sie direkt zum Training. Schon beim Aufwärmen ist sie hochkonzentriert und fühlt sich gut. Schon nach wenigen Versuchen hat sie den Angriffsschlag drauf und macht einen Punkt nach dem Anderen.
Thomas ist nach einem langen Arbeitstag ebenfalls zu Hause angekommen und will sein neues Computerspiel ausprobieren. Er ist von Beginn an von dem neuen Spiel fasziniert und taucht komplett in der fiktiven Welt ab. Erst Stunden später merkt er, dass es draußen bereits mitten in der Nacht ist.

Bestimmt hast Du ein solches Erlebnis auch schon einmal gehabt. Doch welches Phänomen liegt hier zugrunde?
Der Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi nennt dieses Phänomen „Flow“, ein Begriff, den jeder von uns kennt. Er tritt ein, wenn wir so sehr in einer Tätigkeit versinken, dass wir Raum- und Zeitgefühl vergessen. Außerdem verspüren wir keine Sorgen und sogar das Hungergefühl setzt aus. Doch wie kann das sein? Die Antwort, die Csikszentmihalyi auf diese Frage gibt, ist höchst spannend: Der Mensch kann in der Sekunde circa 110 Bits/sec. an Informationen verarbeiten. Wenn Du in einem Meeting beispielsweise einem Kollegen zuhörst und versuchst zu verstehen, was er sagt, dann verbraucht das schon 60 Bits/sec. Wenn Chiara jetzt ihre komplette Konzentration auf Ihren neuen Angriffsschlag und Thomas seine auf das neue Computerspiel lenkt, dann ist es für das Gehirn schlicht nicht möglich, noch weitere Informationen zu verarbeiten, da die 110 Bits/sec. größtenteils verbraucht sind. Man verliert das Bewusstsein für seine Umwelt. Das wir uns in diesem Zustand gut fühlen hängt damit zusammen, dass während dem Flow-Erlebnis Adrenalin und das Glückshormon Serotonin ausgeschüttet werden. Csikszentmihalyi stellt in seinem Buch zwei Tätigkeiten heraus, bei denen Menschen besonders stark im Flow-Kanal versinken: Komponieren und Schach spielen. Wer hier erfolgreich sein möchte braucht eine solch hohe Denkleistung, dass keinerlei Kapazität für andere Gedankengänge frei ist.

Da Menschen große Teile ihres Lebens bei der Arbeit verbringen, ist es für eine gewisse Lebensqualität wichtig, besonders viele Flow-Erlebnisse am Arbeitsplatz zu erleben.

Wenn man einen Flow im Job verspürt, dann fühlt sich das Arbeiten gut an, man bekommt viel geschafft und die Uhrzeit ist nicht mehr so wichtig. Wie man einen Flow bei der Arbeit erreicht, ist gut erforscht:

1) Grundvoraussetzung ist natürlich Interesse an der Tätigkeit und ein Ziel, um Aufmerksamkeit und Konzentration aufzubringen. Wenn Buchhaltung nicht Dein Ding ist, wirst du bei der Erstellung von Bilanzen selbstverständlich kein Flow-Erlebnis haben. Du wirst auf jede Ablenkung anspringen und dich am Ende des Tages nicht gut fühlen, weil Du das Gefühl hast, nichts Produktives erreicht zu haben. Also suche dir eine Aufgabe, die dich begeistert und motiviert.

2) Punkt zwei liegt schon nicht mehr so auf der Hand. Du erreichst den Flow nur dann, wenn eine optimale Passung zwischen Deinen Fähigkeiten und dem Schwierigkeitsgrad der zu bewältigenden Aufgabe besteht. Dein Ziel muss realistisch erreichbar sein. Wer an der Umsetzbarkeit zweifelt, der kommt in keinen Flow. Fühlst Du dich überfordert, helfen Entspannungsübungen, die deine innere Anspannung lösen können. Liegt die Überforderung an der Aufgabe selbst, dann kannst Du beispielsweise mehrere Zwischenziele einbauen, um so in den Flow-Kanal zu kommen. Wenn Du dich unterfordert von deiner Arbeit fühlst, dann kannst Du mit dir selbst in den Wettbewerb treten, indem Du dir zum Beispiel ambitionierte Zeitziele setzt und so in einen Flow kommen.

3) Wähle den richtigen Zeitpunkt aus. Jeder hat Phasen im Laufe des Tages, an denen er motivierter ist, als in anderen Phasen. Wenn Du Dir Deine wichtigen Tätigkeiten auf deine produktiven Zeiten legst, wirst du schneller in den Flow kommen.

4) Ablenkungen entfernen. Rund um den Arbeitsplatz gibt es eine ganze Menge an Flow-Killern, die uns immer wieder aus unserem Fluss herausreißen. Allen voran die elektronischen Medien:

  • Smartphones mit ihren ständigen Nachrichten und Push-Mitteilungen
  • Mitteilungsfenster auf dem Desktop, beispielsweise, wenn eine neue Mail im Postfach ist

Durch die ständigen Mitteilungen und Ablenkungen durch digitale Medien hat sich bei vielen Menschen eine Fragmentierung des Arbeitsalltags eingeschlichen. Wir können uns nur noch in immer kleineren Zeitabständen voll auf eine Tätigkeit konzentrieren. Das wirkt sich negativ auf unsere Produktivität aus und verursacht Stress. Schon sekundenlange Unterbrechungen, beispielsweise durch eine kurze WhatsApp-Nachricht bringt uns aus dem Konzept.Wenn Du einen Flow erleben möchtest, dann musst Du dich für diese Zeit von Geräten trennen, die deinen Flow verhindern wollen.

5) Suche Dir einen passenden Ort. Es gibt so viele großartige Orte abseits des Schreibtisches, an dem man produktiv sein kann. Allen voran die Natur. Suche dir mindestens einen Ort aus, an dem Du leichter in einen Flow kommen kannst. Schon wenn Du dort ankommst, stellt sich dein Unterbewusstsein auf den anstehenden Flow ein.

6) Musik kann uns ebenfalls helfen in einen Flow-Zustand einzutreten. Hier gilt es, auszuprobieren, denn die Geschmäcker sind bekanntermaßen verschieden. Auf der Homepage von „Focusatwill“ kann man beispielsweise seinen Musik-Typ herausfinden. Noice-Cancelling-Kopfhörer helfen ebenfalls.

7) Trainiere. Wie beim Sport, musst Du auch Deine Aufmerksamkeit stetig trainieren. Sie kommt weder von selbst noch ist sie bei jedem gleich ausgeprägt. Das Gute: Es ist möglich, sie zu trainieren.

Zusammenfassung:
Beim Eintreten des Flow-Zustandes verlieren wir das Gefühl für Raum und Zeit. Wir gehen vollkommen in der Tätigkeit auf und fühlen uns gut. Schaffen wir es, so viele Flow-Erlebnisse wie möglich auch in unser Arbeitsleben zu transportieren, fällt uns das Arbeiten an sich leichter und die Ergebnisse werden besser.

Silas Gottwald

lebenslanglernen.de

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