Die akustische Visitenkarte
Die Stimme entscheidet darüber, wie erfolgreich jemand ist, gerade wenn viel über Video oder Telefon kommuniziert wird. Und sie verrät mehr über die Persönlichkeit als ein vielleicht lieb ist. Zum Glück kann man sie trainieren – auch bei BPI.
Wer mit Mitarbeitern, Kollegen oder Kunden nur noch in Telefonkonferenzen zu tun hat merkt plötzlich, dass man Inhalte nur noch stimmlich vermitteln kann. Wenn wir uns nicht mehr physisch die Hände reichen können wird unsere Stimme zur dritten Hand mit der wir den Gesprächspartner Ohrfeigen oder streicheln können. Auch vor der Pandemie wurde die Stimme von Kennern als akustische Visitenkarte bezeichnet. Mittlerweile gilt jeder dritte Beruf als sprechintensiv. Callcenter Mitarbeiter, Vertriebler, Pressesprecher, Politiker oder Lehrer – ist es eine Katastrophe wenn ihre Stimme nicht überzeugt oder sie sich kein Gehör mehr verschaffen können, wie es etwa der Linken Politikerin Petra Pau passiert ist. Während einer Rede im Bundestag versagte ihr 2010 vor laufenden Kameras die Stimme. Die zurückzuerlangen gelang der Bundestagsvizepräsidenten nur mithilfe jahrelanger Atem und Stimmtherapie. Politiker dürfen kopflos sein, auch hirnlos, aber niemals sprachlos, habe ein Freund zu ihr gesagt, schrieb Pau in ihren Erinnerungen. Sprachlos zu sein ist für Politiker ein ähnlich schlimmes Los wie für Lehrer, denen nicht selten die Berufsunfähigkeit droht, wenn ihre Stimme schlapp macht.
Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen Lernerfolg der Schüler und stimmlicher Leistungsfähigkeit der Lehrer. Wer hustet, nuschelt oder heiser klingt wird weniger ernst genommen und schlechter verstanden, als jemand der laut und deutlich spricht. Manchmal helfen schon simple Tipps, um eine angeschlagene Stimme wieder auf Vordermann zu bringen: etwa zu schlucken, anstatt sich zu Räuspern oder viel zu trinken. In vielen Studien wurde nachgewiesen, dass Menschen, die mit einer tieferen Stimme sprechen mehr Erfolg im Beruf haben, mehr verdienen und die größeren Unternehmen führen. Gerade Frauen, die wegen ihrer kürzeren und dünneren Stimmlippen von Natur aus höhere Stimmlangen haben als Männer, stehen vor einem Dilemma: Wenn Frauen mit einer Kleinmädchen-Stimme sprechen wecken sie bei Männern ein Beschützer Instinkt und wirken auf beide Geschlechter sympathisch, lieb und nett, aber eben nicht kompetent. Spricht eine Frau mit tiefer Stimme, wirkt sie führungsstark und kompetent, allerdings nicht ganz so sympathisch. Zu dieser Erkenntnis passt, dass europäische Frauenstimmen in den vergangenen Jahrzehnten immer tiefer geworden sind. Um die Überzeugungskraft einer tiefen Stimme wusste auch die britische Premierminister Margret Thatcher, die ihre eigene mit professionellem Training dauerhaft um eine halbe Oktave gesenkt haben soll. Trotz der angeborenen anatomischen Rahmenbedingungen ist die Stimme vielmehr eine Fähigkeit als eine Eigenschaft und Fähigkeiten kann man verbessern. Soweit wie Magret Thatcher muss man jedoch nicht gehen, oft reicht es sich die eigene Indifferenzlage bewusst zu machen. Das ist der optimale Ton- und Klangbereich für die eigene Stimme, in der sie weder zu hoch noch zu tief und vor allem authentisch ist. Dieser Bereich wird auch Eigenton genannt. Man findet den Eigenton, wenn man ganz entspannt summt und dabei an etwas Angenehmes denkt. Summt man weiter und macht dazu noch Kaubewegungen spürt man eine Vibration im Brustkorb und vermutlich merkt man dann, dass diese Stimme tiefer und resonanzvoller ist als gewohnt. In dieser Lage kann man sehr lange sprechen, ohne sich anzustrengen. Gerade wenn Menschen viel reden und vielleicht noch nervös sind, sprechen sie oft zu hoch, angestrengt oder mit zu viel Druck. Um stimmlich gut durchzuhalten ist es wichtig sowohl körperlich als auch mental locker und entspannt zu sein. Daran hapert es jedoch bei Vielen. Die meisten haben mit Unsicherheit zu kämpfen, die man in der Stimme hört. Die Stimme spiegelt die innere Stimmung wider: eine hohe dünne Stimme ist meistens der Anspannung geschuldet. Bei einem angespannten Muskeltonus entsteht klassischerweise ein gestresster Stimmklang. Kein Stimmklang der Raum einnimmt, sondern sich im Gegenteil anhört, als ob man so wenig wie möglich sagen möchte. Die Stimme verrät mehr über die Persönlichkeit und Emotion als einem vielleicht lieb ist und mehr als Mimik, Körperhaltung und der Inhalt einer Aussage zusammen, wie der Sozialpsychologe Michael Kraus von der Yale University gezeigt hat. Die Teilnehmer eines Experimentes schätzten die inneren Zustände andere am genauesten ein, wenn sie nur ihre Stimme hörten. Sahen sie zudem noch Gesicht und Körper der Sprechenden, ließen sie sich eher zu einem Fehlurteil verleiten. Es scheint also kein Zufall zu sein, dass sich das Wort „Person“ vom lateinischen “personare“ ableitet, was „durchtönen“ bedeutet. Man kann nichts verstecken, man ist akustisch gesehen nackt. Das wusste schon Sokrates: von dem griechischen Philosophen stammt der Satz „sprich damit ich dich sehe“.
Axel Hamann
Ihr Best Practice Institute Team
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P.S. Die alten Griechen bezeichneten das Zwerchfell, aus dem der Atem und schließlich die Stimme entsteht als den Sitz der Seele.